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AutorenbildThomas Laggner

2. Kreatives Umdeuten (Reframing) - Die Grundlagen

1. Das "Teilemodell" im NLP

Das Teilemodell im NLP (Neurolinguistisches Programmieren) geht von der Grundannahme aus, dass die Persönlichkeit eines Menschen aus vielen (meist unbewussten) Persönlichkeitsanteilen zusammengesetzt ist. Sprachliche Hinweise auf diese innere Aufteilung sind z. B.:

  • "einerseits - andererseits"

  • "etwas in mir zwingt (oder bremst) mich..."

  • "In dem Moment war ich nicht ich selbst."

  • "Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust."

  • "Ja, aber..."


In diesem Modell gibt es zum Beispiel:

  • einen Teil, der dafür verantwortlich ist, dass ich morgens aufstehe,

  • einen Teil, der dafür verantwortlich ist, dass ich manchmal verschlafe,

  • einen Teil, der dafür verantwortlich ist, dass ich rauche,

  • einen Teil, der dafür verantwortlich ist, dass ich auf Kritik wütend reagiere,

  • einen Teil, der dafür verantwortlich ist, dass ich kreativ sein kann, usw.


Im NLP gehen wir von der Annahme aus, dass jeder dieser Teile mit dem, was er tut, eine gute Absicht verfolgt – unabhängig davon, ob wir die Art und Weise, wie er das tut, schätzen oder ablehnen. Bei der Arbeit mit diesen Teilen wird deshalb zunächst die positive Intention des Teils, der die unerwünschte Verhaltensweise, Reaktion oder Emotion hervorbringt, herausgefunden und gewürdigt, sodass eine Aussöhnung mit dem Verhalten (und dem Teil, der dieses Verhalten auslöst) möglich wird.


Danach werden neue Möglichkeiten zur Verwirklichung dieser positiven Absicht gefunden. Ein ausgeglichener und kongruenter Mensch lebt – entlang dieses Modells gedacht – in Harmonie mit all seinen verschiedenen Persönlichkeitsanteilen.

Auch bei diesem Modell der inneren "Teile" geht es – wie bei allen übrigen Modellen des NLP – nicht darum, ob es "wahr" oder "real" ist, sondern einfach darum, ob es uns hilft, unsere persönlichen Ziele zu erreichen.

2. Die Vorannahmen

Beim Reframing wird im NLP von folgenden Annahmen ausgegangen:

  • Jedes Verhalten ist in irgendeinem Kontext sinnvoll.

  • Jedem Verhalten wird eine Bedeutung zugeschrieben.

  • Hinter jedem Verhalten steckt eine positive Absicht.


Probleme entstehen dann:

  • wenn ein Verhalten in einem unpassenden Kontext auftritt, d. h. wenn ein Verhalten auf andere Kontexte übertragen wird, auf die es nicht passt,

  • wenn einem Verhalten eine "falsche" oder unpassende Bedeutung zugeschrieben wird,

  • wenn zwischen dem tatsächlichen Verhalten und der dahinterliegenden Intention nicht unterschieden wird.


Unter "Verhalten" verstehen wir hier:

  • beobachtbare Verhaltensweisen (was genau tut eine Person?),

  • beobachtbare physiologische Merkmale (Hautfarbe, Haltung, Mimik, Gestik usw.),

  • innere Prozesse (innere Bilder, Geräusche, Stimmen, Gefühle, Emotionen usw.).

Entsprechend dieser Voraussetzungen unterscheiden wir folgende Arten des Umdeutens (des Perspektivenwechsels):


Kontextreframing:

Ein unerwünschtes Verhalten wird in einen dafür passenden Kontext eingeordnet. Oder es wird ein neuer, passenderes Verhalten für den bisherigen "Problemkontext" gefunden.


Bedeutungsreframing:

Eine passendere Bedeutung wird für das als problematisch erlebte Verhalten gefunden. Anderer Blickwinkel auf dasselbe Phänomen.

3. Die grundlegenden Ebenen des Umdeutens: Kontext- und Bedeutungsreframing

Bedeutungs- und Kontextreframing sind die übergreifenden Grundmuster des kreativen Umdeutens. Beide Arten des Reframings können in Form von verbalen Interventionen geschehen. Eine "Klage" (Zustandsbeschreibung mit offensichtlichen Meta-Modell-Verletzungen) wird sprachlich umgedeutet.


Im Bedeutungsreframing wird für ein als problematisch erlebtes Verhalten (oder Zustand) eine andere, passendere Bedeutung gefunden. Dazu dienen beispielsweise Fragen nach der positiven Folge des Verhaltens (sekundärer Gewinn) oder nach einer verborgenen "guten Absicht" des Symptoms.


Ein Beispiel:

Das unerwünschte Phänomen Krankheit könnte folgende nützlichen Effekte und versteckte positive Intentionen haben:

  • Man kann sich endlich einmal um sich selbst kümmern, sich Zeit für sich nehmen oder eine Verschnaufpause machen.

  • Man erfährt Zuwendung und Aufmerksamkeit von Freunden oder der Familie.

  • Es ist ein Signal (positive Absicht) dafür, etwas Grundsätzliches in seinem Lebensstil zu verändern.


Beim Kontextreframing wird das unerwünschte Verhalten bzw. der "unpassende" Zustand in einen dafür passenden Rahmen eingeordnet. Angenommen, ein Schauspieler beklagt sich darüber, er sei während der Vorbereitung seiner Rolle "zu aufgeregt". Das Verhalten "Aufregung" an sich ist zunächst einmal nichts Negatives. In bestimmten Situationen kann es sogar angenehm oder nützlich sein. So kann Aufregung vor einem langersehnten Rendezvous ein Genuss sein. In Form von Lampenfieber ist Aufregung z. B. eine kreative Energie, die alle für das Spiel benötigten Kraftreserven mobilisiert. Wie wäre es also, diese kreative Aufregung direkt vor der Vorstellung statt schon während der Vorbereitung zur Verfügung zu haben?



Reframing als therapeutische Intervention

Reframing wird nicht nur im NLP verwendet, sondern hat auch in anderen therapeutischen Ansätzen seinen Platz, beispielsweise in der systemischen Therapie und der kognitiven Verhaltenstherapie. In der systemischen Therapie wird Reframing verwendet, um einer problematischen Sichtweise eine alternative Bedeutung zu geben, die hilfreicher und konstruktiver ist.

Der Ansatz des Reframings basiert auf der Idee, dass Ereignisse oder Verhaltensweisen nicht objektiv „gut“ oder „schlecht“ sind, sondern die Bewertung durch die Perspektive der betroffenen Person bestimmt wird. Ziel des Reframings ist es, diese Bewertung zu ändern, indem die Person die Möglichkeit erhält, die Situation aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten.


Zitate und Vorbilder für Reframing

Reframing ist eine Methode, die auf Arbeiten von Virginia Satir und Milton Erickson zurückgeht. Virginia Satir, eine Pionierin der Familientherapie, nutzte Reframing, um die Dynamiken innerhalb von Familien neu zu gestalten. Milton H. Erickson, ein bekannter Hypnotherapeut, setzte Reframing oft ein, um seinen Patienten zu helfen, die positiven Seiten ihrer Herausforderungen zu erkennen.


Praktische Anwendung:

Das Six-Step-Reframing ist ein wichtiges NLP-Tool, das tiefere innere Konflikte anspricht. Es beinhaltet die Trennung der Intention vom Verhalten und die Suche nach alternativen Strategien, um die positive Absicht zu verwirklichen. Die Technik fördert die Selbstreflexion und ermöglicht es, eingefahrene Denk- und Verhaltensmuster zu durchbrechen.


Beispiele für Reframing im Alltag:

  • Situation: „Ich bin immer so nervös vor Präsentationen.“

    • Bedeutungsreframing: „Diese Nervosität zeigt, dass mir die Präsentation wichtig ist und ich mein Bestes geben möchte.“

    • Kontextreframing: „In einem kreativen Bereich kann Nervosität zu Energie und Fokus führen, was mich dabei unterstützt, eine spannende und lebendige Präsentation zu halten.“


Diese Ansätze sind darauf ausgelegt, die Wahrnehmung zu erweitern und helfen Menschen, nicht in negativen Sichtweisen stecken zu bleiben.

Zusammenfassung

Sowohl beim Kontext- als auch beim Bedeutungsreframing wird die Perspektive auf das beklagte Phänomen gewechselt und damit eine Neubewertung des Verhaltens bzw. Symptoms ermöglicht. Besonders wirkungsvoll sind solche Reframings, wenn sie unter Einbezug von Humor und Kreativität geschehen.


Bedeutungs- und Kontextreframing sind außerdem die Grundlagen bestimmter NLP-Techniken, wie zum Beispiel:

  • Sechs-Stufen-Reframing: Ein Bedeutungsreframing, das von der Annahme ausgeht, dass es sich um einen Persönlichkeitsanteil mit positiver Intention und unzureichenden Strategien handelt. Das Verhalten wird umgedeutet und die Basis für die folgende Veränderungsarbeit geschaffen.

  • Verhandlungsreframing: Bei dieser Technik fließen sowohl das Kontext- als auch das Bedeutungsreframing mit ein. Die Teile sollen miteinander kommunizieren und es wird eine gemeinsame Lösung für den Konflikt gefunden.

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