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AutorenbildThomas Laggner

Die Geschichte der Philosophie: Von Thales bis zur Postmoderne

Die Geschichte der Philosophie: Von Thales bis zur Postmoderne

Die Philosophie hat über 2500 Jahre hinweg die Art und Weise, wie wir die Welt verstehen, geprägt. In diesem Blogartikel nehmen wir dich mit auf eine Reise durch die Geschichte der westlichen Philosophie, von ihren ersten Anfängen mit Thales bis hin zur komplexen Postmoderne. Wir werden die wichtigsten Philosophen und ihre Ideen vorstellen und dabei die Entwicklung des philosophischen Denkens bis zur Gegenwart nachzeichnen.

Die Vorsokratiker: Von Thales bis Demokrit

Die Geschichte der westlichen Philosophie beginnt mit Thales von Milet, der als erster Philosoph gilt. Thales stellte die mythischen Erklärungen der Welt infrage und versuchte, die Natur durch rationale Überlegungen zu erklären. Er gilt als Begründer des "Logos" - der Vernunft - anstelle des Mythos. Sein Schüler Anaximander postulierte das "Apeiron" als Ursprung aller Dinge, während Anaximenes eine Art Ur-Luft als den Urstoff betrachtete. Der Gedanke des Urstoffs zieht sich durch die gesamte Vorsokratik, und auch Pythagoras suchte eine universelle Ordnung, die er in den Zahlen fand. Heraklit hingegen prägte die Vorstellung des ständigen Wandels („Panta rhei“ – alles fließt), während Parmenides die Welt der Sinne als Illusion ansah.

Demokrit schloss die vorsokratische Philosophie ab, indem er behauptete, dass alles aus unteilbaren Teilchen besteht – den Atomen. Seine Atomtheorie ist ein bedeutender Vorläufer der modernen Naturwissenschaft.


Sokrates, Platon und Aristoteles: Die griechische Klassik

Mit Sokrates beginnt eine neue Ära der Philosophie. Er setzte auf Dialoge und hinterfragte die herrschenden Meinungen seiner Zeit, was ihn schließlich das Leben kostete. Sein Schüler Platon überlieferte Sokrates' Ideen und entwickelte die Ideenlehre, nach der die sinnlich erfahrbare Welt nur ein Schatten der wahren, geistigen Ideenwelt ist. Platon gründete die Akademie in Athen, die als eine der ersten Hochschulen der Geschichte gilt.

Aristoteles, Platons Schüler, widersprach jedoch der Ideenlehre seines Lehrers und sah die Form nicht außerhalb, sondern innerhalb der Dinge selbst. Er gründete eine eigene Schule, das Lykeion, und legte den Grundstein für zahlreiche wissenschaftliche Disziplinen, von der Biologie bis zur Logik.


Die Stoa und der Epikureismus

Nach der griechischen Klassik entwickelten sich zwei wichtige philosophische Schulen: die Stoa und der Epikureismus. Zenon von Kition, der Begründer der Stoa, lehrte, dass die Welt durch den Logos, eine göttliche Vernunft, gelenkt wird und dass man nur in Übereinstimmung mit dieser Vernunft ein gutes Leben führen kann. Epikur hingegen betonte das Streben nach Freude und die Vermeidung von Schmerz als höchstes Ziel – allerdings nicht im Sinne von Ausschweifung, sondern von bescheidenem Genuss.


Die Römische Philosophie und die Scholastik

In der römischen Philosophie sind vor allem Seneca, Epiktet und Marcus Aurelius als Vertreter der Stoa bekannt. Mit dem Aufkommen des Christentums entstand die Scholastik, die versuchte, die Philosophie der Antike mit den Lehren der Kirche zu vereinen. Thomas von Aquin integrierte die Philosophie von Aristoteles in die christliche Theologie und entwickelte die Scholastik weiter.


Die Renaissance und der Rationalismus

Mit der Renaissance wurde die Philosophie weltlicher und wandte sich wieder den griechischen und römischen Denkern zu. Niccolò Machiavelli entwickelte eine Philosophie der Macht, die in seinem Werk „Der Fürst“ beschrieben ist. René Descartes, Vater des Rationalismus, zweifelte an allem, bis er auf den unbezweifelbaren Satz stieß: "Cogito, ergo sum" („Ich denke, also bin ich“). Descartes entwickelte den Dualismus von Geist und Materie.

Weitere Rationalisten wie Baruch de Spinoza und Gottfried Wilhelm Leibniz entwickelten ihre eigene Vorstellungen einer einzigen Substanz („Gott“ bei Spinoza) und den Monaden (individuelle geistige Einheiten) bei Leibniz.


Empirismus und der Deutsche Idealismus

Gegen den Rationalismus stellten sich die Empiristen. John Locke und David Hume lehnten angeborene Ideen ab und betonten, dass das Wissen aus der Erfahrung kommt. Immanuel Kant vereinte schließlich Rationalismus und Empirismus, indem er erkannte, dass unser Wissen sowohl aus der Erfahrung stammt als auch durch die Strukturen unseres Verstandes geformt wird. Er entwickelte den kategorischen Imperativ, ein grundlegendes Prinzip der Ethik.

Der Deutsche Idealismus, vertreten durch Johann Gottlieb Fichte, Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Friedrich Schelling, baute auf Kant auf. Hegel entwickelte die Dialektik (These, Antithese, Synthese) als treibende Kraft der Geschichte.


Existenzialismus und die Postmoderne

Søren Kierkegaard gilt als Begründer des Existenzialismus und betonte die Notwendigkeit, die eigene Existenz selbst zu definieren. Friedrich Nietzsche erklärte "Gott ist tot" und kritisierte die Heuchelei der christlichen Moral. Er entwickelte den Begriff des Übermenschen und sah den Willen zur Macht als Grundtrieb des Lebens.

Mit der Phänomenologie untersuchte Edmund Husserl das unmittelbare Erleben, und Martin Heidegger entwickelte daraus seine Existenzphilosophie, die das Dasein des Menschen in den Mittelpunkt stellt. Jean-Paul Sartre folgte Heidegger und sagte, dass die Existenz der Essenz vorausgeht – der Mensch ist frei, aber auch für sein eigenes Leben verantwortlich.

Gottlob Frege gilt als Vater der Sprachanalyse. Er unterschied zwischen Sinn und Bedeutung eines Begriffs und legte damit den Grundstein für die moderne Logik. Bertrand Russell und Ludwig Wittgenstein folgten ihm, wobei Wittgenstein später seine Überzeugungen änderte und die Sprache als Sprachspiel definierte, deren Bedeutung sich aus dem Gebrauch ergibt.

Karl Popper trug zur Wissenschaftstheorie bei, indem er betonte, dass wissenschaftliche Theorien nie verifiziert, sondern nur falsifiziert werden können. Diese Ansätze gehören zur analytischen Philosophie, die sich der Klärung sprachlicher und logischer Strukturen widmet.

Sigmund Freud prägte mit seiner Psychoanalyse die Philosophie, indem er das Bewusstsein mit einem Eisberg verglich, wobei der größte Teil – das Unbewusste – verborgen bleibt. Diese Vorstellung ebnete den Weg für die kritischen Reflexionen der Postmoderne.

In der Postmoderne stellten Theodor Adorno und Max Horkheimer die Aufklärung als eine Herrschaftsideologie infrage. Hannah Arendt analysierte den Totalitarismus und wie Ideologien durch Terror in Staatsformen überführt werden. Michel Foucault untersuchte, wie Macht durch Diskurse ausgeübt wird, und Jacques Derrida entwickelte die Dekonstruktion als Methode, um die Unbestimmtheit von Bedeutung aufzuzeigen. Jacques Lacan verband die Psychoanalyse mit sprachlichen Konzepten und betonte die Rolle des großen Anderen.

Slavoj Žižek schließlich meinte, dass wir alle ideologisch geprägt sind, unabhängig von der Kultur, in der wir aufgewachsen sind. Thomas Kuhn stellte fest, dass Wissenschaft stets in bestimmten Paradigmen gedacht wird, die nur durch Paradigmenwechsel überwunden werden können.


Einfluss der Philosophie auf Psychotherapie und Beratung

Viele philosophische Ansätze haben den Grundstein für unterschiedliche Psychotherapie- und Beratungsansätze gelegt. Die Ideen der Stoa finden sich in der kognitiven Verhaltenstherapie wieder, die auf die Kontrolle und Veränderung negativer Gedanken abzielt, um ein erfüllteres Leben zu führen. Sokratische Dialoge bilden die Grundlage für viele therapeutische Gespräche, insbesondere in der Rational-Emotiven Verhaltenstherapie (REVT) nach Albert Ellis, die durch gezieltes Hinterfragen von Überzeugungen versucht, irrationale Gedanken zu entlarven.

Der Existenzialismus beeinflusst die existenzielle Therapie, die sich mit Fragen der Freiheit, Verantwortung und Sinnsuche auseinandersetzt. Nietzsches Idee des „Übermenschen“ und der Eigenverantwortung hat die Gestalttherapiegeprägt, die den Fokus auf das „Hier und Jetzt“ sowie auf Selbstverantwortung legt.

Freuds Psychoanalyse wurzelt in der Philosophie des Unbewussten, die in Teilen auch bei Schopenhauervorweggenommen wurde. Die Konzepte der Phänomenologie von Husserl flossen in die personzentrierte Therapie von Carl Rogers ein, welche das direkte Erleben und die Selbstwahrnehmung des Klienten in den Mittelpunkt stellt. Auch die systemische Therapie ist stark von Foucaults Diskursanalyse beeinflusst, indem sie die Dynamiken in sozialen Systemen und deren Einfluss auf das Individuum untersucht.


Fazit

Die Geschichte der Philosophie ist eine faszinierende Reise durch das Denken der Menschheit. Von der Suche nach dem Urstoff bei den Vorsokratikern bis zur Dekonstruktion der Postmoderne zeigt sich der Wunsch des Menschen, die Welt und sich selbst zu verstehen. Jede Epoche bringt neue Fragen und Antworten hervor, und auch heute noch sind die großen Themen der Philosophie aktuell und herausfordernd. Die Einflüsse der Philosophie reichen bis in die moderne Psychotherapie und Beratung, wo sie weiterhin unser Verständnis von menschlichem Denken und Verhalten prägen.


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