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AutorenbildThomas Laggner

Die sieben Prozessphasen der Persönlichkeitsentwicklung nach Carl Rogers


Die Persönlichkeitsentwicklung beschreibt den fortlaufenden Prozess der Veränderung von Verhaltensweisen, Einstellungen, Gedanken und Emotionen, die das Wesen eines Individuums ausmachen und ihm eine einzigartige Identität verleihen. Diese Entwicklung wird beeinflusst von zahlreichen Faktoren, darunter Erziehung, Umwelt, persönliche Erfahrungen und genetische Voraussetzungen. Sie ist ein lebenslanger Prozess und vollzieht sich in verschiedenen Phasen. Die Theorie von Carl Rogers bietet ein fundiertes Modell, um diesen Entwicklungsprozess zu verstehen.


Carl Rogers, ein Pionier der humanistischen Psychologie, identifizierte in seiner langjährigen therapeutischen Praxis sieben Phasen der Persönlichkeitsentwicklung. Diese Phasen beschreiben den Wandel „vom starren zum bewegten Ende des Kontinuums“ und zeigen auf, wie ein Mensch sich selbst auf tiefere, authentischere Weise wahrnehmen und akzeptieren kann. Rogers erkannte, dass jeder Mensch individuell in diesen Phasen voranschreitet, dabei jedoch ähnliche Entwicklungsmuster durchläuft.



Die sieben Prozessphasen im Überblick:


1. Starrheit und Distanz:

In dieser Anfangsphase verweigert sich der Mensch oft einer ehrlichen Selbstreflexion und nimmt kaum Gefühle oder Probleme wahr. Das Selbstbild ist von Äußerlichkeiten geprägt, und es besteht wenig Bereitschaft zur inneren Veränderung. Es dominiert ein Schwarz-Weiß-Denken, verbunden mit einer inneren Abwehrhaltung.


2. Erste Auflockerung:

Die Person beginnt, Gefühle anzuerkennen, jedoch meist noch als etwas, das nicht zu ihr gehört, wie vergangene Objekte. Widersprüche im Verhalten werden kaum hinterfragt. Diese Phase ist gekennzeichnet durch ein distanziertes Beobachten des eigenen Verhaltens und eine mangelnde innere Integration.


3. Selbst als Objekt:

Gefühle und persönliche Ansichten werden zunehmend als eigene Erfahrungen wahrgenommen, jedoch noch oft in der Vergangenheit verortet. Es entsteht ein Bewusstsein für widersprüchliche Gefühle und für die Tatsache, dass das eigene Verhalten nicht immer den eigenen Vorstellungen entspricht. In dieser Phase suchen viele Menschen psychologische Hilfe.


4. Auflockerung und Akzeptanz:

In dieser Phase gewinnen die aktuellen Gefühle an Bedeutung und werden als Teil der eigenen Gegenwart erkannt, auch wenn sie noch Misstrauen oder Ängste hervorrufen. Die Person beginnt, sich für die eigenen Widersprüche zu öffnen und entwickelt erste Anzeichen von Selbstverantwortung für ihre Probleme.


5. Gefühle als gegenwärtiges Erleben:

Die Person nimmt ihre Emotionen in ihrer Tiefe wahr und beginnt, diese offen auszudrücken. Das Bedürfnis, authentisch zu sein und sich selbst treu zu bleiben, tritt in den Vordergrund. Diese Phase ist von zunehmender Akzeptanz der eigenen inneren Realität und einer Bereitschaft zur Selbstveränderung geprägt.


6. Ganzheitliches Erleben:

Gefühle werden voll und ganz akzeptiert und erlebt, ohne dass das Selbst als distanziertes Objekt wahrgenommen wird. Die innere Kommunikation wird freier, und es entwickelt sich eine tiefe Selbstakzeptanz. Das Erleben ist intensiv und unmittelbar, wodurch eine physische und psychische Entspannung eintritt.


7. Achtsames und vertrauensvolles Erleben:

Neue Erfahrungen werden offen und wertfrei wahrgenommen, ohne durch vergangene Erlebnisse verzerrt zu werden. Die Person lebt im Bewusstsein, dass sie die Freiheit hat, sich in neue Richtungen zu entwickeln und Entscheidungen authentisch zu treffen. Die Selbstverantwortung ist vollständig verinnerlicht, und das Selbst wird als ein sich stetig verändernder, dynamischer Prozess erfahren.


Diese Phasen verdeutlichen, dass die Persönlichkeitsentwicklung durch eine Bewegung von innerer Abwehr hin zu Akzeptanz und Selbstverantwortung gekennzeichnet ist. Voraussetzung hierfür ist ein unterstützendes Umfeld, das bedingungslose Wertschätzung und Empathie bietet. Rogers’ Theorie zeigt auf, dass sich der Mensch durch Selbsterkenntnis und Akzeptanz weiterentwickeln kann – hin zu einem authentischen, erfüllten Selbst.


Damit potentiell ein konstruktiver Prozess der Persönlichkeitsänderung stattfinden kann, müssen auf beiden Seiten (&erapeut, Klient) verschiedene Bedingungen erfüllt werden. Einerseits muss der &erapeut die spezifischen Kernbedingungen einnehmen und verinnerlichen. In gleichem Maße müssen dieselben vom Klienten wahrgenommen werden. Erst wenn die entgegengebrachte Empathie oder Bedingungsfreie Positive Beachtung des &erapeuten vom Klienten als authentisch und kongruent erfahren wird, ist eine konstruktive Persönlichkeitsänderung möglich. Erst dann hat der therapeutische Prozess begonnen (Rogers, !"$+; Rogers & Wood, !"+.).


Das ganzee Video:


Der dritte Teil zeigt eine Verhaltenstherapeutische Arbeit:



Quellen:


• Rogers, Carl R. Entwicklung der Persönlichkeit. Stuttgart: Klett-Cotta, 1973.

• Gendlin, E. T. et al. “Focusing Ability in Psychotherapy, Personality and Creativity.” In: J. M. Shlien (Hrsg.): Research in Psychotherapy. Band 3. American Psychological Association, Washington DC, S. 217–239.


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