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AutorenbildThomas Laggner

Fallbeispiel: "Paul & Lissi - Die Suche nach Selbstständigkeit in der Beziehung"

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung und Fallbeschreibung

  2. Kontext der Beziehungen

  3. Beziehungsmuster und Abhängigkeiten

  4. Die Rolle der Herkunftsfamilie

  5. Emotionaler Ausdruck und Heilung

  6. Konflikte und persönliche Entwicklung

  7. Fazit und supervisorische Interventionen

  8. Analyse des Therapeuten

    • 8.1 Rolle des Therapeuten

    • 8.2 Therapeutisches Vorgehen und Techniken

    • 8.3 Herausforderungen für den Therapeuten

  9. Analyse aus Sicht der großen therapeutischen Schulen

    • 9.1 Personzentrierte Sichtweise

    • 9.2 Kognitive Verhaltenstherapeutische Sichtweise (KVT)

    • 9.3 Systemische Sichtweise

    • 9.4 Tiefenpsychologisch fundierte Sichtweise

    • 9.5 Sicht einer lebenserfahrenen weisen Frau

    • 9.6 Sicht eines weisen Mannes

    • 9.7 Sicht eines Seelsorgers

    • 9.8 Sicht eines Juristen

    • 9.9 Sicht einer Richterin


In diesem Fall geht es um ein Paar, das seit 7,5 Jahren eine Beziehung führt, die von intensiver Nähe, aber auch gewalttätigen Konflikten geprägt ist. Lissi ist an einem Punkt, an dem sie über eine Trennung nachdenkt, während Paul versucht, die Beziehung aufrechtzuerhalten. Beide lieben sich zwar noch, kämpfen jedoch mit wiederkehrenden Dynamiken der Abhängigkeit und der emotionalen Instabilität. Dieser Fall bietet wichtige Einblicke in die Themen von Autonomie, emotionaler Abhängigkeit, transgenerationaler Prägung und dem Ringen um eine gesunde Beziehungsbalance.

1. Kontext der Beziehungen:

Das Gespräch zeigt, dass Lissi eine Trennung in Erwägung zieht, während Paul an der Beziehung festhalten möchte. Beide lieben sich zwar noch, doch die Beziehung ist seit 7,5 Jahren von teilweise gewalttätigen Auseinandersetzungen geprägt. Diese Dynamik beeinflusst stark die Themen, die sich um zwischenmenschliche Beziehungen, die Bewältigung vergangener familiärer Traumata und das Konzept der Selbstfindung drehen. Es wird deutlich, dass die beteiligten Personen ihre Beziehung auf verschiedenen Ebenen betrachten: sowohl auf der persönlichen als auch auf der transgenerationalen Ebene, was viele tief verankerte Themen hervorbringt.


2. Beziehungsmuster und Abhängigkeiten:

  • Gewalttätige Konflikte: Ein zentrales Thema sind die gewalttätigen Konflikte, die seit 7,5 Jahren in der Beziehung zwischen Paul und Lissi bestehen. Diese Form der Auseinandersetzung deutet auf tiefe ungelöste Konflikte und einen Mangel an gesunden Kommunikations- und Konfliktbewältigungsstrategien hin. Die Gewalttätigkeit in der Beziehung steht im starken Widerspruch zu den verbleibenden Gefühlen der Liebe, was die Situation besonders komplex und belastend macht.

  • Komplementäre Partnerschaft: Das Gespräch betont, dass viele Beziehungen auf komplementären Bedürfnissen basieren, wie das Bild der "Innenhaxen, die zusammen durchs Leben hüpfen". Diese Metapher deutet darauf hin, dass die Partner sich gegenseitig ergänzen, jedoch auch eine Abhängigkeit besteht, die problematisch werden kann. Der Fokus auf die Verwendung des anderen als „Krücke“ unterstreicht, dass diese Ergänzung oft zu einer emotionalen Abhängigkeit wird, die eine gesunde Entwicklung behindert.

  • Unabhängigkeit als Ziel: Es wird wiederholt betont, dass der Schritt zur Unabhängigkeit – sei es durch das Übernehmen des Haushalts oder das Lösen von emotionalen Abhängigkeiten – entscheidend für das Wachstum der Individuen ist. Aus Sicht eines Supervisors wäre es wichtig, diese Entwicklung zu fördern und die Selbstständigkeit jedes Einzelnen zu stärken, um eine Reife und Eigenverantwortung zu erreichen.


3. Die Rolle der Herkunftsfamilie:

  • Transgenerationale Traumata: Es gibt wiederholt Hinweise auf traumatische Erfahrungen in den Familien der Beteiligten, die bis in ihre eigene Gegenwart wirken. Beispielsweise die Geschichte der Mutter, die von ihrer eigenen Mutter weggegeben wurde, und der Großvater, der die Enkelin nur als spätere Pflegekraft betrachtete. Diese Geschichten verdeutlichen, wie traumatische Muster von Generation zu Generation weitergegeben werden.

  • Bindung und Co-Abhängigkeit: Die Bindung zur Herkunftsfamilie wird als problematisch und zum Teil als emotional erpresserisch dargestellt. Das Beispiel der Mutter, die ihren Sohn unterstützt, obwohl dieser keine Eigenständigkeit entwickelt, zeigt eine Co-Abhängigkeit, die hinderlich ist. Aus einer supervisorischen Sichtweise könnte hier die Reflexion gefördert werden, wie diese Bindungsmuster zu einer Reinszenierung in der aktuellen Beziehung führen.


4. Emotionaler Ausdruck und Heilung:

  • Heilung als Prozess: Das Konzept des Heilens taucht mehrfach auf, wobei betont wird, dass Heilung eine "unbefristete Phase" ist. Diese Haltung unterstreicht die Notwendigkeit, sich Zeit für Heilung zu nehmen, statt schnelle Lösungen zu suchen. Der Fokus auf "Raum für Heilung" deutet an, dass beide Partner sich einen Schutzraum schaffen sollten, in dem sie ohne gegenseitige Erwartungen agieren können.

  • Emotionale Abgrenzung: Die Gesprächsteilnehmer reflektieren, dass es wichtig ist, den anderen in Liebe loszulassen, wenn dies notwendig ist. Das Konzept der erwachsenen Liebe, die den anderen nicht besitzen will, ist zentral und wird als sehr schmerzhaft beschrieben. Dies verweist auf den Prozess des Erwachsenwerdens und der emotionalen Selbstregulation.


5. Konflikte und persönliche Entwicklung:

  • Trennung vs. Festhalten an der Beziehung: Lissi möchte sich aus der Beziehung lösen, während Paul versucht, daran festzuhalten. Diese Ambivalenz führt zu einer besonders hohen emotionalen Belastung, da beide unterschiedliche Ziele verfolgen. Der Supervisor könnte hier unterstützen, indem er beiden hilft, ihre Bedürfnisse zu klären und eine gemeinsame Entscheidung zu treffen, die für beide akzeptabel ist.

  • Paradoxe Bindung: Das Gespräch enthält ein „doppeltes Paradoxon“: Einerseits gibt es eine starke Anziehungskraft zwischen den Partnern, andererseits wird die Unerfüllbarkeit der eigenen Bedürfnisse schmerzhaft bewusst. Dies führt zu Frustration und Spannungen in der Beziehung, die sich auch gewalttätig entladen. Der Supervisor könnte hier helfen, diesen Widerspruch zu explorieren und zu verstehen, warum beide Seiten sowohl Nähe als auch Distanz erleben wollen.

  • Rollenverständnis und Verstrickungen: Es wird über Verstrickungen gesprochen, in die die beiden geraten sind, und wie diese sich auflösen lassen. Der Supervisor könnte hier ansetzen, die Rollen der beiden Partner klarer zu definieren und eine Reflexion darüber anzuregen, welche Verhaltensmuster zur aktuellen Situation führen. Auch der Punkt der „Nutzung“ des Partners für eigene Bedürfnisse ist zentral und zeigt, dass hier die individuelle Autonomie noch gestärkt werden muss.


6. Fazit und Supervisorische Interventionen:

In diesem Abschnitt sollen die wichtigsten Erkenntnisse aus der Analyse zusammengefasst werden. Beide Partner stehen vor der Herausforderung, sich von destruktiven Mustern zu lösen und eine gesunde Balance zwischen Nähe und Autonomie zu finden. Supervisorische Interventionen könnten hier gezielt darauf abzielen, die Eigenständigkeit beider Partner zu fördern und gleichzeitig die Bindung auf eine reife, verantwortungsvolle Basis zu stellen.

Konkrete Interventionsvorschläge für die Supervisorenrolle:

  1. Reflexionsgespräche zur Autonomie: Fördern Sie Gespräche, die beiden Partnern helfen, ihre individuellen Bedürfnisse nach Autonomie zu erkennen und auszudrücken. Stellen Sie gezielte Fragen, um ihre Ängste und Wünsche in Bezug auf eine selbstständige Lebensführung zu thematisieren.

  2. Förderung emotionaler Resilienz: Implementieren Sie Übungen, die darauf abzielen, die emotionale Stabilität beider Partner zu stärken. Dies könnte durch die Arbeit an Coping-Strategien geschehen, insbesondere im Hinblick auf gewalttätige Eskalationen und den Umgang mit Stress.

  3. Intervention bei gewalttätigem Verhalten: Setzen Sie klare Grenzen in Bezug auf das gewalttätige Verhalten und unterstützen Sie die Klienten dabei, alternative Konfliktlösungsstrategien zu entwickeln. Es könnte notwendig sein, externe Schutzmaßnahmen oder eine zeitweise räumliche Trennung anzusprechen, um die Sicherheit beider Parteien zu gewährleisten.

  4. Erarbeitung gesunder Kommunikationsmuster: Arbeiten Sie daran, dass beide lernen, ihre Gefühle und Bedürfnisse klarer zu kommunizieren, ohne den Partner zu beschuldigen oder zu manipulieren. Üben Sie Ich-Botschaften und empathisches Zuhören, um eine respektvolle Kommunikation zu fördern.

  5. Systemische Perspektive einbringen: Nutzen Sie systemische Ansätze, um die transgenerationalen Muster zu beleuchten, die in der Beziehung der beiden Partner wirken. Das Erstellen eines Genogramms könnte helfen, die Prägungen der Vergangenheit zu erkennen und zu verstehen, wie diese die gegenwärtigen Konflikte beeinflussen.


8. Analyse des Therapeuten

8.1 Rolle des Therapeuten

Der Therapeut agiert hier als ein Vermittler zwischen den beiden Partnern, der dabei hilft, ihre gegensätzlichen Bedürfnisse und Erwartungen zu artikulieren. Er versucht, Lissi und Paul dabei zu unterstützen, ihre individuelle Position zu stärken, während er gleichzeitig sicherstellt, dass der Dialog zwischen ihnen respektvoll und verständnisvoll bleibt. Die Herausforderung in dieser Rolle besteht darin, beiden Partnern das Gefühl zu geben, dass ihre Bedürfnisse gleichwertig behandelt werden, obwohl sie in unterschiedlichen Richtungen streben (Lissi möchte eine Trennung, Paul möchte festhalten).


8.2 Therapeutisches Vorgehen und Techniken

  • Personzentrierte Herangehensweise: Der Therapeut achtet darauf, eine wertschätzende, empathische Haltung einzunehmen. Das Ziel ist es, Lissi und Paul zu helfen, ihre eigenen Bedürfnisse klarer wahrzunehmen und auszudrücken. Dies geschieht durch das Spiegeln ihrer Aussagen und durch offene, nicht wertende Fragen.

  • Systemische Betrachtung: Der Therapeut nutzt Elemente der systemischen Therapie, insbesondere bei der Betrachtung der Herkunftsfamilie und der transgenerationalen Traumata. Er lädt die Klienten dazu ein, über ihre familiären Prägungen zu reflektieren und diese als mögliche Quellen für ihre gegenwärtigen Schwierigkeiten zu erkennen.

  • Konfliktbearbeitung: Da die Beziehung von gewalttätigen Konflikten geprägt ist, versucht der Therapeut durch Psychoedukation und die Einführung von neuen Konfliktbewältigungsstrategien den Umgang der beiden miteinander zu verbessern. Dies könnte durch das Erarbeiten von Regeln für Konfliktsituationen oder durch das Erlernen von „Time-Out“-Techniken geschehen, um Eskalationen zu vermeiden.

  • Kognitive Umstrukturierung: Der Therapeut könnte, angelehnt an kognitive Verhaltenstherapie, daran arbeiten, die dysfunktionalen Gedanken beider Partner zu identifizieren und umzustrukturieren. Beispielsweise Pauls Angst, ohne Lissi nicht glücklich sein zu können, könnte in Frage gestellt und durch realistischere Gedanken ersetzt werden.


8.3 Herausforderungen für den Therapeuten

  • Gewalttätige Konflikte: Die Gewalt innerhalb der Beziehung stellt für den Therapeuten eine große Herausforderung dar. Er muss hier besonders darauf achten, dass die Sitzungen sicher verlaufen und den Klienten Tools an die Hand geben, um Konflikte besser zu bewältigen. Es könnte auch notwendig sein, temporäre Trennungsmaßnahmen oder Schutzräume zu thematisieren, um die Sicherheit von beiden zu gewährleisten.

  • Ungleiche Machtverhältnisse: Lissi ist finanziell von Paul abhängig und hat keine abgeschlossene Schulausbildung oder berufliche Perspektive. Das Ungleichgewicht könnte es Lissi erschweren, ihre Position klar zu vertreten. Der Therapeut muss dieses Machtgefälle im Blick behalten und Möglichkeiten schaffen, wie Lissi trotzdem ihre Autonomie stärken kann, zum Beispiel durch die Vermittlung an Unterstützungsstellen.

  • Ambivalenz in der Trennungsthematik: Paul möchte die Beziehung fortsetzen, während Lissi eine Trennung anstrebt. Der Therapeut muss hier eine neutrale Haltung bewahren und beiden Partnern Raum geben, ihre Bedürfnisse auszudrücken. Gleichzeitig muss er die Sicherheit und das Wohlbefinden beider Klienten priorisieren, insbesondere angesichts der Gewaltproblematik.

  • Transgenerationale Dynamiken: Das tiefe Eingreifen von transgenerationalen Traumata erschwert die Bearbeitung der aktuellen Konflikte. Der Therapeut muss hier die Balance finden zwischen der Bearbeitung der Vergangenheit und dem Fokussieren auf gegenwärtige Verhaltensänderungen.


Fazit

Der Therapeut nimmt eine komplexe und fordernde Rolle ein. Er versucht, in einem Umfeld mit vielen gegensätzlichen Emotionen und tief verwurzelten Konflikten eine klare und sichere Basis für Dialog und Entwicklung zu schaffen. Wichtig ist, dass der Therapeut flexibel bleibt, um sowohl auf die akuten Bedürfnisse der Klienten – wie der Umgang mit Gewalt und die Frage der Trennung – einzugehen, als auch die langfristige Arbeit an der Beziehung und der Selbstentwicklung zu unterstützen.


7. Analyse aus Sicht der großen therapeutischen Schulen

Die Analyse aus Sicht der großen therapeutischen Schulen ermöglicht es, unterschiedliche Perspektiven auf die Beziehung und die Konflikte von Lissi und Paul zu gewinnen. Jede der therapeutischen Schulen bietet ihre eigenen spezifischen Ansätze und Methoden, um die Dynamiken von Autonomie, Abhängigkeit und gewalttätigen Konflikten zu verstehen und anzugehen. Diese Ansätze helfen, die komplexen Mechanismen innerhalb der Beziehung zu entwirren und unterstützen die Entwicklung hin zu einer gesünderen und stabileren Partnerschaft.

Die folgenden Unterabschnitte bieten eine kurze Einführung in die jeweilige therapeutische Sichtweise und zeigen auf, welche spezifischen Elemente besonders hilfreich sein können, um die Herausforderungen in der Beziehung zwischen Lissi und Paul zu bewältigen.


7.1 Personzentrierte Sichtweise

Aus der personzentrierten Perspektive nach Carl Rogers wird deutlich, dass die authentische Kommunikation und die Akzeptanz der eigenen Gefühle eine zentrale Rolle im Gespräch zwischen Paul und Lissi spielen. Ein personzentrierter Therapeut würde versuchen, beiden einen sicheren Raum zu bieten, in dem sie ihre Emotionen – einschließlich der gewalttätigen Dynamik – ohne Verurteilung ausdrücken können. Der Fokus läge auf der bedingungslosen positiven Wertschätzung, um Lissi und Paul zu unterstützen, ihre eigenen Bedürfnisse zu verstehen und Entscheidungen zu treffen, die ihrem Wohl dienen.


7.2 Kognitive Verhaltenstherapeutische Sichtweise (KVT)

In der KVT würden die destruktiven Gedanken und Glaubenssätze, die die gewalttätigen Konflikte unterstützen, untersucht und umstrukturiert werden. Beispielsweise könnte der Gedanke „Ohne Gewalt kann ich meine Bedürfnisse nicht durchsetzen“ als dysfunktional erkannt und hinterfragt werden. Durch das Erlernen von alternativen Konfliktbewältigungsstrategien könnte ein neues, gewaltfreies Verhaltensmuster entwickelt werden. Zudem könnten Pauls und Lissis individuelle Überzeugungen bezüglich der Beziehung aufgedeckt werden, insbesondere in Bezug auf Trennung und emotionale Sicherheit.


7.3 Systemische Sichtweise

Die systemische Sichtweise würde die gewalttätigen Konflikte im Zusammenhang mit transgenerationalen Prägungen betrachten. Gewalttätiges Verhalten könnte als Reinszenierung von familiären Mustern gesehen werden, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Ein systemischer Therapeut würde versuchen, diese Muster zu identifizieren und gemeinsam mit Paul und Lissi alternative, gesündere Verhaltensweisen zu entwickeln. Hier könnte die Genogrammarbeit helfen, aufzuzeigen, welche Rollen und Dynamiken aus der Vergangenheit die aktuelle Beziehung beeinflussen.


7.4 Tiefenpsychologisch fundierte Sichtweise

In der tiefenpsychologisch fundierten Therapie würde der Fokus auf unbewussten Motiven für die Gewalt und die widersprüchlichen Bedürfnisse von Nähe und Autonomie liegen. Gewalt könnte als Ausdruck unbewusster Ohnmacht und Angst vor Verlassenheit interpretiert werden. Der Therapeut würde versuchen, Paul und Lissi dabei zu unterstützen, die unbewussten Ängste hinter ihrem Verhalten zu verstehen. Beispielsweise könnte die Gewalt als eine verzweifelte, wenn auch destruktive Methode verstanden werden, Kontrolle und Bindung aufrechtzuerhalten, was wiederum auf frühkindliche Verletzungen hinweist.


7.5 Sicht einer lebenserfahrenen weisen Frau

Eine lebenserfahrene weise Frau würde vermutlich die Bedeutung von Geduld, Akzeptanz und natürlichem Wachstumsprozess hervorheben. Sie könnte betonen, dass Beziehungen ihre Höhen und Tiefen haben und dass der Schlüssel darin liegt, die andere Person so zu akzeptieren, wie sie ist. Sie würde wahrscheinlich raten, liebevoll und geduldig mit sich selbst und dem Partner umzugehen, da echte Veränderung Zeit braucht. Ihr Fokus läge auf dem Vertrauen, dass beide ihren eigenen Weg finden werden, wenn sie bereit sind, offen zu bleiben und das Wachstum der anderen Person nicht zu erzwingen, sondern zu begleiten. Sie könnte auch betonen, dass die Heilung von transgenerationalen Prägungen Zeit braucht und dass jeder Schritt zur Selbstständigkeit und Reifung ein Erfolg ist.


7.6 Sicht eines weisen Mannes

Ein weiser Mann könnte auf den Aspekt der Verantwortung und persönlichen Integrität hinweisen. Er würde Paul und Lissi möglicherweise dazu anregen, Verantwortung für ihre eigenen Gefühle und Handlungen zu übernehmen, anstatt den Partner als Krücke zu benutzen. Er würde die Wichtigkeit von Klarheit und Authentizität hervorheben: dass jeder in der Beziehung seine Bedürfnisse und Grenzen klar kommunizieren sollte, um eine gesunde Balance zwischen Nähe und Autonomie zu finden. Für ihn wäre es essenziell, dass beide lernen, ihre eigenen Stärken zu entwickeln und den Partner nicht für das eigene Wohlbefinden verantwortlich zu machen. Seine Botschaft könnte sein, dass wahre Freiheit innerhalb einer Beziehung nur dann entsteht, wenn beide Partner die volle Verantwortung für ihr eigenes Leben übernehmen.


7.7 Sicht eines Seelsorgers

Ein Seelsorger würde möglicherweise den spirituellen Aspekt der Beziehung betonen. Er könnte Paul und Lissi ermutigen, ihre Beziehung als eine Reise des gemeinsamen Wachstums und der Seelenentwicklung zu betrachten. Ein Seelsorger würde möglicherweise auf Vergebung hinweisen, sowohl sich selbst als auch dem Partner gegenüber, und die Bedeutung des Loslassens betonen, wenn es notwendig ist. Er würde die heilende Kraft der Liebe und der Akzeptanz in den Vordergrund stellen und betonen, dass in jeder Krise eine Gelegenheit zur Vertiefung des gegenseitigen Verständnisses liegt. Er könnte auch darauf hinweisen, dass ein spirituelles Vertrauen darin besteht, dass die Beziehung beide Partner auf die bestmögliche Weise wachsen lässt, auch wenn dies schmerzhaft sein kann.


7.8 Sicht eines Juristen

Ein Jurist würde wahrscheinlich auf die rechtlichen Aspekte einer Partnerschaft und die damit verbundenen Verantwortungen eingehen. Er könnte auf die rechtlichen Verpflichtungen und Schutzmechanismen hinweisen, die in einer Beziehung existieren, und wie man diese zur eigenen Absicherung nutzen kann. Ein Jurist würde dazu raten, dass beide Partner klare Vereinbarungen treffen, besonders in Bezug auf finanzielle Aspekte und die gemeinsamen Verantwortungen. Er könnte auch die Bedeutung von Vertrauen in rechtliche Vereinbarungen betonen und erklären, wie rechtliche Klarheit zu einer stabileren Beziehung beitragen kann. Für ihn wäre es wichtig, dass beide Partner verstehen, welche Rechte und Pflichten sie innerhalb der Beziehung haben, um Missverständnisse und Ungerechtigkeiten zu vermeiden.


7.9 Sicht einer Richterin

Eine Richterin würde vermutlich die Notwendigkeit von Gerechtigkeit und Fairness in der Beziehung hervorheben. Sie würde betonen, dass jede Person in der Partnerschaft das Recht hat, respektiert und gehört zu werden, und dass gegenseitige Anerkennung von Bedürfnissen und Grenzen unerlässlich ist. Aus ihrer Sicht wäre es wichtig, dass beide Partner ihre Rollen innerhalb der Beziehung reflektieren und sicherstellen, dass keine der beiden Seiten ungerecht behandelt wird. Sie könnte dazu anregen, Konflikte nicht zu vermeiden, sondern auf eine Weise zu lösen, die für beide Seiten fair ist. Sie würde wahrscheinlich auch betonen, wie wichtig es ist, Kompromisse zu finden, ohne die eigenen Werte zu verraten, und könnte auf die langfristigen Konsequenzen hinweisen, die ungerechte Verhaltensweisen in einer Beziehung haben können.


7.1 Personzentrierte Sichtweise

Aus der personzentrierten Perspektive nach Carl Rogers wird deutlich, dass die authentische Kommunikation und die Akzeptanz der eigenen Gefühle eine zentrale Rolle im Gespräch zwischen Paul und Lissi spielen. Der Fokus auf Selbstakzeptanz und das Bemühen, sich selbst und den Partner ehrlich auszudrücken, ist essenziell für den Heilungsprozess. Ein personzentrierter Therapeut würde hier die bedingungslose positive Wertschätzung betonen, um beiden Partnern das Gefühl zu geben, sich öffnen zu können, ohne verurteilt zu werden. Dies könnte beiden helfen, ihre Ängste bezüglich der Autonomie besser zu erforschen. Der Therapeut würde besonders darauf achten, eine empathische Haltung einzunehmen, die es Lissi und Paul ermöglicht, sich sicher zu fühlen und ihre innere Welt weiter zu explorieren.


7.2 Kognitive Verhaltenstherapeutische Sichtweise (KVT)

Die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) würde den Fokus auf die automatischen Gedanken und Glaubenssätze legen, die bei Paul und Lissi zur Abhängigkeit führen. Der Gedanke von Paul, dass er ohne Lissi nicht glücklich sein kann, könnte als dysfunktionaler Glaubenssatz angesehen werden, der hinterfragt und umstrukturiert werden sollte. Ein KVT-Therapeut könnte Techniken wie kognitive Umstrukturierung nutzen, um negative Gedankenmuster zu identifizieren und durch hilfreiche Überzeugungen zu ersetzen. Verhaltensübungen könnten zusätzlich eingesetzt werden, damit beide lernen, kleine Schritte in Richtung Unabhängigkeit zu gehen, beispielsweise durch das Setzen von individuellen Zielen und das Praktizieren von neuen Verhaltensweisen, die die Eigenständigkeit fördern.


7.3 Systemische Sichtweise

Aus der systemischen Sichtweise liegt der Schwerpunkt auf den Beziehungen und den transgenerationalen Prägungen, die in der Beziehung zwischen Paul und Lissi wirken. Ein systemischer Berater würde die Dynamik innerhalb des Familiensystems betrachten und untersuchen, wie die Beziehungsmuster der Herkunftsfamilien die aktuellen Konflikte beeinflussen. Die Geschichte der Mutter, die von ihrer eigenen Mutter weggegeben wurde, oder des Großvaters, der seine Enkelin nur als Pflegekraft sah, sind Beispiele für Muster, die auf die heutige Beziehung Einfluss nehmen. Ein systemischer Ansatz könnte darin bestehen, beide dazu zu ermutigen, die Rollen in ihrem aktuellen Beziehungssystem zu reflektieren und alternative, gesündere Interaktionen zu entwickeln. Methoden wie Genogrammarbeit könnten dabei helfen, diese familiären Muster zu beleuchten und zu verstehen.


7.4 Tiefenpsychologisch fundierte Sichtweise

In der tiefenpsychologisch fundierten Therapie würde der Fokus auf den unbewussten Motiven und Konflikten liegen, die zur gegenseitigen Abhängigkeit führen. Die Idee der "Krücke" symbolisiert in diesem Kontext möglicherweise unbewusste Bedürfnisse nach Halt und Sicherheit, die in der Kindheit nicht erfüllt wurden. Der Therapeut würde versuchen, diese unbewussten Konflikte ins Bewusstsein zu bringen und zu bearbeiten. Beispielsweise könnte das Verlassenheitsgefühl, das Lissi beschreibt, auf frühere Erfahrungen der emotionalen Vernachlässigung zurückzuführen sein. Durch die Bearbeitung solcher tiefen Konflikte könnten Lissi und Paul verstehen, warum sie an bestimmten Mustern festhalten, und lernen, diese zu verändern, um eine reifere und autonomere Beziehung zu entwickeln.

  • Stärkung der Eigenständigkeit: Aus einer supervisorischen Perspektive wäre es hilfreich, die Eigenständigkeit jedes Einzelnen zu fördern und Abhängigkeiten in der Beziehung kritisch zu hinterfragen. Dies könnte durch gezielte Reflexionsfragen geschehen, die den Klienten helfen, ihre eigenen Bedürfnisse und Verhaltensmuster besser zu verstehen.

  • Transgenerationale Belastungen erkennen: Die Arbeit mit transgenerationalen Belastungen könnte ebenfalls ein zentraler Fokus sein. Das Bewusstmachen der eigenen familiären Prägungen und die Reflexion, inwiefern diese das heutige Verhalten beeinflussen, könnten den Klienten helfen, Muster zu durchbrechen.

  • Emotionale Resilienz und Abgrenzung: Es ist wichtig, die emotionale Resilienz der Beteiligten zu stärken und ihnen beizubringen, sich in Liebe abzugrenzen. Dies könnte durch Rollenspiele oder Visualisierungsübungen geschehen, bei denen sie lernen, sowohl ihre eigenen Bedürfnisse zu kommunizieren als auch die des Partners zu respektieren.


Schlussgedanke:

Das Gespräch zeigt viele Ebenen der Auseinandersetzung mit der eigenen Identität und der Beziehungsdynamik. Als Supervisor wäre es wesentlich, die Klienten in ihrem Prozess der Selbstfindung zu unterstützen, sie zu ermutigen, sich ihren eigenen Herausforderungen zu stellen, und ihnen dabei zu helfen, alte Muster zu erkennen und zu verändern. Der Fokus sollte auf der Schaffung von mehr Autonomie, der Bewältigung von transgenerationalen Prägungen und der Förderung einer echten, erwachsenen Beziehung liegen, in der beide Partner sich auf Augenhöhe begegnen können.


1. Beschreibung des Fallbeispiels

Paul: "Ich habe das Gefühl, wir sind oft füreinander wie eine Krücke. Es hilft zwar, aber irgendwie hält es uns auch zurück."

Lissi: "Ja, genau das meine ich. Ich möchte nicht, dass wir so abhängig voneinander sind. Ich möchte auch stark sein, ohne dich als Stütze zu brauchen."

Paul: "Das macht mir manchmal Angst. Ohne diese Sicherheit weiß ich nicht, ob ich glücklich sein kann."

Lissi: "Ich verstehe das. Aber vielleicht ist es genau das, was wir brauchen, um wirklich frei zu sein. Wir könnten uns gegenseitig helfen, aber eben auf Augenhöhe."

Paul: "Und wenn wir es nicht schaffen? Wenn wir uns verlieren, während wir versuchen, unabhängiger zu werden?"

Lissi: "Das Risiko ist da, ja. Aber ich denke, wenn wir es ehrlich versuchen, finden wir einen Weg, bei dem wir beide wachsen. Vielleicht wird es nicht perfekt, aber wir könnten zumindest authentischer miteinander sein."

Lissi: "Ja, genau das meine ich. Ich möchte nicht, dass wir so abhängig voneinander sind. Ich möchte auch stark sein, ohne dich als Stütze zu brauchen."

Paul: "Das macht mir manchmal Angst. Ohne diese Sicherheit weiß ich nicht, ob ich glücklich sein kann."

Lissi: "Ich verstehe das. Aber vielleicht ist es genau das, was wir brauchen, um wirklich frei zu sein. Wir könnten uns gegenseitig helfen, aber eben auf Augenhöhe."

Pat und El reflektieren sowohl über die Herausforderungen innerhalb ihrer Beziehung als auch über die Rolle ihrer Herkunftsfamilien, deren Prägung sie bis heute beeinflusst. Insbesondere Pat thematisiert eine Dynamik, die durch gegenseitige Abhängigkeit und das „Benutzen“ des Partners geprägt ist, sowie das Streben nach Unabhängigkeit und emotionaler Selbstregulation. Das Bild der "Krücke" wird dabei als Metapher für die stützende Funktion verwendet, die der Partner innerhalb der Beziehung übernimmt, was gleichzeitig zur emotionalen Abhängigkeit führen kann.

Beide betonen, dass sie eigenständige, starke Ichs werden wollen, die auch ohne gegenseitige Abhängigkeiten miteinander verbunden sein können. El reflektiert darüber hinaus stark über die transgenerationale Prägung ihrer Familie, insbesondere darüber, wie ihre Eltern und Großeltern Beziehungsmuster gelebt haben, die durch emotionale Vernachlässigung und Besitzansprüche geprägt waren.


2. Detaillierte Analyse der Mikroprozessstrukturen in den gesprochenen Worten


2.1 Verstrickung und Abgrenzung in der Kommunikation

Lissi: "Ich will keine Krücke mehr sein, Paul. Ich möchte, dass wir beide stark sind, auch unabhängig voneinander."

Paul: "Aber was, wenn wir ohne diese Stütze auseinanderfallen?"

Lissi: "Das Risiko besteht vielleicht, aber ich glaube, wir könnten auch stärker daraus hervorgehen. Wir sollten lernen, auf eigenen Füßen zu stehen, auch wenn das bedeutet, manchmal zu wackeln."

Paul: "Es fühlt sich einfach so unsicher an. Ich habe Angst, dass wir in diesen Momenten des Wackelns voneinander abdriften."

Lissi: "Das verstehe ich. Vielleicht müssen wir lernen, diese Unsicherheit auszuhalten, ohne sofort zurück zu alten Mustern zu greifen. Es wird Zeit brauchen, aber ich denke, es könnte sich lohnen."

Paul: "Aber was, wenn wir ohne diese Stütze auseinanderfallen?"

Lissi: "Das Risiko besteht vielleicht, aber ich glaube, wir könnten auch stärker daraus hervorgehen. Wir sollten lernen, auf eigenen Füßen zu stehen, auch wenn das bedeutet, manchmal zu wackeln."

Im mikroprozessualen Kontext zeigt sich, dass beide im Gespräch zwischen Momenten der Abgrenzung („Ich will keine Krücke mehr sein“) und Momenten des Verbundenheit-Strebens („Wir können uns gegenseitig helfen“) hin- und herpendeln. Diese Mikroprozesse zeigen deutlich die Ambivalenz, die in ihrer Beziehung besteht, die jedoch in der Sitzung ans Licht gebracht und reflektiert werden kann.


2.2 Kommunikation von Gefühlen und Bedürfnissen

Lissi: "Ich habe Angst, dass du ohne mich nicht glücklich sein könntest. Das setzt mich unter Druck, und es macht mir auch Sorgen."

Paul: "Ich weiß, und manchmal spüre ich das auch. Aber gleichzeitig möchte ich dir zeigen, dass ich auch ohne diese Abhängigkeit stark sein kann."

Lissi: "Vielleicht sollten wir uns gegenseitig mehr Raum geben. Ich denke, das könnte uns helfen, unabhängiger zu werden."

Paul: "Aber wie fühlt sich dieser Raum für dich an? Macht er dir auch Angst?"

Lissi: "Ja, ein bisschen. Der Gedanke, mehr Abstand zu haben, ist für mich ungewohnt. Aber ich denke, wir müssen beide lernen, damit umzugehen, um frei zu sein."

Paul: "Ich weiß, und manchmal spüre ich das auch. Aber gleichzeitig möchte ich dir zeigen, dass ich auch ohne diese Abhängigkeit stark sein kann."

Lissi: "Vielleicht sollten wir uns gegenseitig mehr Raum geben. Ich denke, das könnte uns helfen, unabhängiger zu werden."

In dieser Dynamik zeigt sich eine typische Mikrostruktur: Zuerst werden die eigenen Bedürfnisse formuliert („Ich möchte stark sein, auch ohne dich“), dann folgt eine emotionale Reaktion des Gegenübers („Das macht mir Angst“), gefolgt von der Beschwichtigung („Aber ich verstehe, dass es wichtig ist“). Diese Struktur zeigt, wie komplex das Wechselspiel von Abhängigkeit und Autonomie in Beziehungen sein kann.


3. Skript für die Lebensberaterausbildung

Titel: Beziehungen reflektieren - Mikroprozessuale Kommunikation in der Lebensberatung

Einleitung: In dieser Lerneinheit widmen wir uns der Analyse von mikroprozessualen Kommunikationsstrukturen in Beziehungen. Als Berater*in ist es wichtig, die Dynamiken zu erkennen, die innerhalb eines Gesprächs entstehen, und Klienten zu helfen, neue Wege der Kommunikation und Interaktion zu entdecken. Wir nutzen das Fallbeispiel von Pat und El, um zu verstehen, wie Abhängigkeit und Autonomie in einer Beziehung miteinander ringen und wie diese verbal ausgedrückt werden.

Ziel der Lerneinheit:

  • Erkennen von Verstrickungen und Ambivalenzen in der Kommunikation von Klienten.

  • Reflexion darüber, wie Bedürfnisse und Gefühle im Gespräch ausgedrückt werden.

  • Entwicklung von Interventionsstrategien, die eine gesunde Abgrenzung und emotionale Autonomie fördern.


3.1 Analyse der Mikroprozessstrukturen

Paul: "Manchmal sage ich, dass ich dich nicht brauche, aber dann fühle ich mich sofort wieder angezogen von dir."

Lissi: "Ich verstehe das. Ich glaube, wir beide haben diese ambivalente Sehnsucht. Auf der einen Seite möchten wir autonom sein, auf der anderen Seite wollen wir uns aber auch nah sein."

Paul: "Genau das macht es so schwierig. Aber ich denke, wenn wir offen darüber sprechen, können wir vielleicht eine bessere Balance finden."

Lissi: "Vielleicht sollten wir auch darüber sprechen, was wir konkret tun können, wenn wir merken, dass diese Ambivalenz wieder aufkommt. Vielleicht Rituale entwickeln, die uns helfen, die Balance zu halten."

Paul: "Das klingt gut. Ein Ritual könnte sein, dass wir uns jeden Abend zehn Minuten nur aufeinander konzentrieren, egal wie stressig der Tag war."

Lissi: "Ja, oder dass wir uns bewusst Pausen voneinander nehmen, aber diese vorher klar kommunizieren, damit sich keiner von uns allein gelassen fühlt."

Lissi: "Ich verstehe das. Ich glaube, wir beide haben diese ambivalente Sehnsucht. Auf der einen Seite möchten wir autonom sein, auf der anderen Seite wollen wir uns aber auch nah sein."

Paul: "Genau das macht es so schwierig. Aber ich denke, wenn wir offen darüber sprechen, können wir vielleicht eine bessere Balance finden."

  • Abgrenzung und Anziehung: Immer wieder wird im Gespräch deutlich, wie beide zwischen dem Wunsch nach Abgrenzung und der Sehnsucht nach Anziehung hin- und hergerissen sind. Diese Dynamik kann sich in ambivalenten Aussagen zeigen („Ich brauche dich nicht, aber ich will dich“).

  • Benutzung von Metaphern: Metaphern wie die „Krücke“ spielen eine wichtige Rolle, da sie tiefere Gefühlslagen ausdrücken, die verbal schwer zugänglich sind. Berater sollten Klienten dazu ermutigen, solche Bilder zu erkunden und zu reflektieren, welche Bedeutung sie für die Beziehung haben.

  • Emotionaler Ausdruck durch Ich-Botschaften: El nutzt Ich-Botschaften, um ihre Bedürfnisse auszudrücken. Dies kann als Ansatz genutzt werden, um Klienten zu zeigen, wie sie Verantwortung für ihre eigenen Gefühle übernehmen können, ohne den Partner zu beschuldigen.


3.2 Interventionen und praktische Übungen

  • Rollenspiele zur Abgrenzung: Lassen Sie die Studierenden Rollenspiele durchführen, in denen sie die Rolle von Pat und El übernehmen und eine typische Konfliktsituation nachstellen. Der Fokus liegt darauf, Ich-Botschaften zu nutzen und den eigenen Standpunkt klar zu vertreten, ohne die Bedürfnisse des Partners abzuwerten.

  • Genogrammarbeit: Studierende erstellen ein Genogramm für Pat und El, um zu verdeutlichen, welche transgenerationalen Muster die Beziehung prägen. Ziel ist es, das Verständnis zu entwickeln, wie familiäre Prägungen die gegenwärtige Beziehung beeinflussen können.

  • Metaphern reflektieren: Die Studierenden sollen in Gruppenarbeit die Metapher der „Krücke“ reflektieren und ihre eigene Bedeutung herausarbeiten. Sie sollen sich überlegen, welche anderen Metaphern Klienten nutzen könnten, um ihre Abhängigkeiten darzustellen, und wie man diese therapeutisch bearbeiten könnte.


4. Diagnostische Einordnung: Z- und F-Diagnosen

4.1 Z-Diagnosen: Die Beziehung zwischen Pat und El könnte diagnostisch unter der Kategorie Z63.0 "Probleme in der Beziehung zu Ehepartner oder Partner" eingeordnet werden. Diese Diagnose beschreibt Beziehungsprobleme, die sich durch Spannungen und wiederkehrende Konflikte in der Partnerschaft auszeichnen.


4.2 F-Diagnosen:

  • F60.6 "Emotional instabile Persönlichkeitsstörung": Bei Pat könnte es Hinweise auf eine emotionale Instabilität geben, insbesondere in Bezug auf die starke Ambivalenz, die in der Beziehung erlebt wird. Diese Diagnose beschreibt Persönlichkeiten, die Schwierigkeiten haben, ihre Emotionen zu regulieren und in stabilen Beziehungen zu bleiben.

  • F43.2 "Anpassungsstörung": Bei beiden Beteiligten könnten Anzeichen einer Anpassungsstörung vorliegen, da sie Schwierigkeiten haben, sich an die Veränderungen und Herausforderungen innerhalb ihrer Beziehung anzupassen, was zu starkem emotionalen Stress führt.


5. Abschluss der Lerneinheit Die Studierenden werden ermutigt, die Dynamiken, die sie in diesem Fallbeispiel kennengelernt haben, auf ihre eigenen Beratungsfälle anzuwenden. Die Reflexion über transgenerationale Prägungen und die bewusste Arbeit an der Kommunikation können entscheidende Faktoren für die Heilung und Entwicklung innerhalb von Beziehungen sein.

Dieses Skript dient dazu, angehende Lebensberater*innen zu sensibilisieren, wie sie komplexe Beziehungsmuster in ihrer Arbeit erkennen, reflektieren und die Klienten in ihrer Selbstentwicklung und Autonomie stärken können.

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