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AutorenbildThomas Laggner

Gruppenübungen: Anleitung für Kleingruppenarbeit

Diese Anleitung dient dazu, Gruppenübungen in NLP-Workshops durchzuführen und bietet eine praxisnahe Einführung in die Arbeit in Kleingruppen. Zum Beispiel könnte eine typische Gruppenübung darin bestehen, dass Teilnehmerin A ein persönliches Thema einbringt, während Teilnehmerin B den Prozess begleitet und Teilnehmer*in C die Beobachterrolle übernimmt und Feedback gibt. Das gemeinsame Üben ermöglicht es, neue Fähigkeiten aus verschiedenen Perspektiven zu erlernen und die Ressourcen der Gruppe effektiv zu nutzen.


1. Allgemeine Hinweise zur Gruppenarbeit

Die Teilnehmer*innen A, B und C nehmen unterschiedliche Rollen ein, die es ihnen ermöglichen, Übungen aus verschiedenen Perspektiven zu erfahren. Diese Herangehensweise erlaubt eine anschließende Feedback-Runde, in der alle von den Erfahrungen der anderen profitieren können. Gemeinsames Erleben und Reflektieren sind wesentliche Bestandteile des Lernprozesses.

Das Ziel der Kleingruppe ist es, sowohl die einzelnen Mitglieder als auch die gesamte Gruppe in einen sogenannten Ressource-Zustand zu bringen und dort zu halten. Ein Ressource-Zustand bezeichnet einen Zustand, in dem die Teilnehmer*innen entspannt, aufmerksam und offen für positive Veränderungen sind. Dieser Zustand ist charakteristisch für NLP und unterstützt alle Gruppenmitglieder dabei, sich wohlzufühlen und sich optimal weiterzuentwickeln.

Die Verantwortung für die Einteilung und Einhaltung der Zeit liegt bei der gesamten Gruppe. Dies fördert die Eigenverantwortung und das Verantwortungsbewusstsein der Teilnehmer*innen.


2. Psychogeographie und Raumgestaltung

Die Positionierung der Teilnehmer*innen im Raum spielt eine zentrale Rolle für die Dynamik der Gruppe. Beispielsweise kann es hilfreich sein, die Gruppe in einem Kreis zu platzieren, sodass alle sich gleichberechtigt fühlen und der Blickkontakt erleichtert wird. Alternativ kann ein Halbkreis verwendet werden, um eine offene Kommunikation zu fördern und eine zentrale Präsentationsfläche zu schaffen. Der Abstand und der Winkel, in dem die Gruppenmitglieder zueinander sitzen, können die Beziehung und das Empfinden der Mitglieder zueinander stark beeinflussen.

Teilnehmer*in C könnte während der Übung den Platz wechseln, um die Situation aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Auch für A und B kann ein Positionswechsel sinnvoll sein, insbesondere dann, wenn sie das Gefühl haben, in einem "festgefahrenen Zustand" ("Stuck State") zu sein. Eine Veränderung der Sitzposition und der Körperhaltung kann dabei helfen, emotionale und mentale Flexibilität zu fördern.


3. Aufgaben- und Rollenverteilung von A, B und C

  • A: Klient und Finder von RessourcenA ist dafür zuständig, die Übung assoziiert zu erleben und die Chance zu nutzen, ein persönliches Thema zu bearbeiten. Es sollte ein Thema ausgewählt werden, das der Gruppenkonstellation und dem Kontext angemessen ist, also nicht zu komplex oder überwältigend. Zudem fungiert A als wichtige Feedback-Quelle für B, indem A Rückmeldung darüber gibt, wie sich Bs Vorgehen angefühlt hat und was möglicherweise verbessert werden könnte.

  • B: Begleiter und ProzessführerB leitet A durch die Übung und ist dafür verantwortlich, den Prozess strukturiert und gleichzeitig flexibel zu gestalten, damit auf die Bedürfnisse von A eingegangen werden kann. B sollte stets eine unterstützende Haltung einnehmen und aufmerksam auf die Reaktionen von A reagieren.

  • C: Beobachter und Feedback-GeberC nimmt die Rolle des Beobachters ein. Die Aufgabe von C besteht darin, das Geschehen von außen zu betrachten und sowohl A als auch B konstruktives Feedback zu geben. Dabei könnten spezifische Fragen gestellt werden, wie: "Welche Momente haben besonders gut funktioniert?", "Gab es Situationen, in denen die Kommunikation unklar war?" oder "Wie habt ihr euch in bestimmten Phasen der Übung gefühlt?". Diese Fragen helfen, das Feedback zu strukturieren und gezielt zu gestalten. Der Fokus von C liegt auf der Reflexion des Verhaltens und der Interaktion der beiden, um Verbesserungspotenziale aufzuzeigen. Zudem kann C die Dynamik innerhalb der Gruppe analysieren und Hinweise zur Verbesserung der Kommunikation geben.


4. Feedback-Runde

Nach Abschluss der Übung folgt eine Feedback-Runde, in der alle Teilnehmer*innen ihre Erfahrungen austauschen. Diese Runde sollte etwa 10-15 Minuten dauern, damit alle ausreichend Zeit haben, ihre Eindrücke zu schildern, ohne den Zeitrahmen zu überschreiten. In der Feedback-Runde gibt A B Rückmeldung zu dessen Führung des Prozesses, B gibt A Feedback zu den gemachten Fortschritten, und C liefert eine übergeordnete Perspektive. Das Ziel ist es, voneinander zu lernen und gemeinsam zu wachsen.


5. Tipps für eine erfolgreiche Gruppenübung

  • Offenheit bewahren: Alle sollten sich bemühen, offen für neue Erfahrungen und Perspektiven zu sein. Diese Haltung schafft Vertrauen und erleichtert den Lernprozess.

  • Zeitmanagement: Die Verantwortung für das Zeitmanagement liegt bei der gesamten Gruppe. Eine gute Strukturierung der Zeit ist essenziell, um den Prozess effektiv zu gestalten.

  • Ressourcen nutzen: Alle Gruppenmitglieder sind Ressourcen füreinander. Nutzt die Stärken und das Wissen der anderen, um den Lernprozess zu bereichern.


Die gruppendynamischen Theorien, auf denen diese Beschreibungen basieren, stammen hauptsächlich aus folgenden Bereichen:

Rollenverteilung und Funktionale Gruppenarbeit (Benne und Sheats): Die beschriebenen Rollen von A, B und C entsprechen klar definierten Aufgaben in einer Gruppe, die sicherstellen sollen, dass unterschiedliche Perspektiven und Ressourcen der Mitglieder effektiv genutzt werden.


Tuckman's Phasenmodell (Forming, Storming, Norming, Performing): Der Fokus auf die Gruppenentwicklung und das Arbeiten im Ressource-Zustand deutet darauf hin, dass die Gruppe durch verschiedene Entwicklungsphasen geführt werden soll, um eine produktive Dynamik zu erreichen.


Tuckman's Phasenmodell der Gruppenentwicklung

Tuckman's Modell beschreibt die Entwicklung von Gruppen in vier klar definierten Phasen. Jede dieser Phasen ist entscheidend für die Gruppendynamik und den Erfolg gemeinsamer Prozesse:

  1. Forming (Orientierungsphase): Die Gruppe bildet sich, Mitglieder lernen sich kennen, und Rollen werden verteilt. Es herrscht Unsicherheit, aber auch Neugier.

  2. Storming (Konfliktphase): In dieser Phase kommt es oft zu Spannungen und Meinungsverschiedenheiten. Die Mitglieder versuchen, ihre Positionen zu etablieren, und Konflikte können auftreten.

  3. Norming (Normierungsphase): Die Gruppe findet Regeln und Normen, um Konflikte zu lösen und gemeinsam zu arbeiten. Rollen werden klarer, und es entsteht ein Gefühl von Zusammenhalt.

  4. Performing (Arbeitsphase): Die Gruppe erreicht ein hohes Maß an Produktivität. Die Mitglieder arbeiten effektiv zusammen, und das gemeinsame Ziel steht im Vordergrund.


Diese Phasen sind essenziell, um eine Gruppe von einer losen Ansammlung von Individuen zu einer kohärenten und effektiven Einheit zu entwickeln. Tuckman's Modell hilft, die Dynamiken zu verstehen, die in jeder Phase auftreten, und unterstützt dabei, Gruppenprozesse optimal zu gestalten.


Psychogeographie und systemische Ansätze: Der Bezug zur Raumgestaltung und die Veränderung der Perspektiven durch Positionswechsel sind typische Elemente systemischer Gruppendynamik. Diese helfen, die Interaktionen und Beziehungen innerhalb der Gruppe zu visualisieren und bewusster zu gestalten.

Humanistische Gruppentherapie (Carl Rogers): Die Betonung auf Offenheit, Feedback und die Ressourcen der Mitglieder passt gut zu den Grundprinzipien der humanistischen Psychologie und personzentrierten Gruppenarbeit, in der die individuelle Erfahrung im Mittelpunkt steht.


Diese Theorien tragen zu einer ganzheitlichen Gestaltung der Gruppenübungen bei und stellen sicher, dass verschiedene Aspekte der Gruppenprozesse adressiert werden, um eine optimale Lernumgebung zu schaffen.


6. Weitere Literatur und Quellen

Für weitere Informationen und tiefere Einblicke in die Theorie und Praxis der Gruppenarbeit empfehlen wir die folgenden deutschsprachigen Quellen:

  1. Literaturquellen:

    • "Gruppendynamik und Gruppenpsychotherapie" von Klaus Antons und Hans-Peter Frey: Ein gutes Grundlagenwerk, das die wichtigsten gruppendynamischen Prozesse, Techniken und therapeutischen Ansätze beschreibt.

    • "Gruppenarbeit und Gruppendynamik" von Kurt Lewin: Kurt Lewin gilt als einer der Pioniere der Gruppendynamik. Sein Werk hilft, die grundlegenden Prozesse und Dynamiken in Gruppen besser zu verstehen.

    • "Kommunikation in Gruppen: Eine Einführung" von Friedemann Schulz von Thun: Dieses Buch bietet praktische Anleitungen zur Kommunikation in Gruppen und zur erfolgreichen Moderation von Gruppenprozessen.

  2. Internetadressen:

    • Deutsche Gesellschaft für Gruppendynamik und Organisationsentwicklung (DGGO): www.dggo.de - Hier findet man Informationen zu verschiedenen gruppendynamischen Ansätzen, Weiterbildungen und Workshops im deutschsprachigen Raum.

    • Carl Rogers Institut Deutschland: www.carl-rogers-institut.de - Eine gute Quelle für Informationen über die personzentrierte Gruppenarbeit und humanistische Psychotherapie.

    • PsyOnline - Informationen zu Gruppentherapie und Gruppendynamik: www.psyonline.at - Diese österreichische Plattform bietet wertvolle Informationen rund um Psychotherapie und Gruppendynamik.Diese Anleitung soll dabei helfen, Gruppenübungen effektiv zu gestalten und eine Atmosphäre zu schaffen, in der alle Teilnehmer*innen voneinander lernen und sich kontinuierlich weiterentwickeln können.

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