Es gibt eine Vielzahl an Methoden und Modellen zur Werteanalyse, die dazu dienen, persönliche, zwischenmenschliche und kulturelle Werte zu identifizieren, zu reflektieren und weiterzuentwickeln. Zu den bekanntesten Ansätzen gehören das Wertequadrat von Schulz von Thun sowie weitere Modelle, die unterschiedliche Aspekte von Werten beleuchten. Im Folgenden werden die wichtigsten Ansätze und Methoden zur Werteanalyse beschrieben:
1. Klassische Modelle der Werteanalyse
1.1 Wertequadrat von Schulz von Thun
Das Wertequadrat von Schulz von Thun beschreibt, wie zwei positive, aber potenziell gegensätzliche Werte in Balance stehen sollten, um ein gesundes und integratives Verhalten zu fördern. Zum Beispiel steht der Wert 'Mut' im Gleichgewicht mit 'Vorsicht': Mut motiviert uns, Risiken einzugehen, während Vorsicht uns davor bewahrt, unnötige Gefahren einzugehen. Andere Beispiele sind:
Mut und Vorsicht
Direktheit und Rücksicht
Das Wertequadrat verdeutlicht, dass die Balance dieser Werte wichtig ist, um extremen Positionen zu vermeiden und zu einem konstruktiven Verhalten zu gelangen.
1.2 Werte- und Entwicklungsquadrat nach Nieke
Das Werte- und Entwicklungsquadrat von Bernd A. Nieke ist eine Erweiterung des Wertequadrats von Schulz von Thun. Es betont, dass Werte einem dynamischen Prozess unterliegen, in dem sie sich weiterentwickeln können, anstatt statisch zu bleiben. Zum Beispiel könnte jemand, der als junger Erwachsener viel Wert auf Sicherheit legt, im Laufe seines Lebens zunehmend die Bedeutung von Freiheit und Unabhängigkeit erkennen. Diese Entwicklung zeigt, dass Werte flexibel sind und sich veränderten Lebensumständen anpassen können.
1.3 Rokeach Value Survey (RVS)
Die Rokeach Value Survey von Milton Rokeach ist ein Instrument zur Analyse von Werten. Es unterscheidet zwischen terminalen Werten (Lebensziele, z. B. „Frieden“, „Freiheit“) und instrumentellen Werten (Verhaltensweisen, die zu diesen Lebenszielen beitragen, z. B. „Ehrlichkeit“, „Verantwortungsbewusstsein“). Forschungen zeigen, dass Menschen ihre Werte im Laufe der Zeit oft neu priorisieren – so kann sich zum Beispiel materielle Sicherheit im jungen Erwachsenenalter in Richtung Selbstverwirklichung und sozialer Gerechtigkeit im späteren Leben verschieben.
1.4 Werte-Modell von Shalom Schwartz
Das Modell von Shalom Schwartz identifiziert zehn universelle Werte, die in allen Kulturen zu finden sind:
Macht
Leistung
Hedonismus
Stimulation
Selbstbestimmung
Universalismus
Wohlwollen
Tradition
Konformität
Sicherheit
Diese Werte sind kreisförmig angeordnet, um ihre Beziehungen zueinander zu visualisieren. Werte, die nahe beieinander liegen, ergänzen sich, während gegenüberliegende Werte in Konflikt stehen können. Eine einfache Darstellung, z. B. eine Kreisgrafik, kann helfen, die gegenseitigen Einflüsse und Spannungen zwischen den Werten zu verdeutlichen.
1.5 Graves-Werte-Modell (Spiral Dynamics)
Das Graves-Werte-Modell, auch bekannt als Spiral Dynamics, beschreibt die Entwicklung menschlicher Werte und Weltanschauungen in einer spiralförmigen Dynamik. Es zeigt, wie sich Menschen und Gesellschaften im Laufe der Zeit weiterentwickeln, indem sie zunehmend komplexere Wertesysteme annehmen. Jede Entwicklungsstufe (z. B. „blau“, „orange“, „grün“) ist durch bestimmte Werte und Überzeugungen geprägt, die weiterentwickelt werden, wenn Individuen oder Gesellschaften auf eine höhere Stufe übergehen.
1.6 Wertelandkarte (Value Map)
Die Wertelandkarte ist ein strukturiertes Tool, das dabei hilft, persönliche Werte in Kategorien wie „persönliches Leben“, „Arbeit“ oder „Gesellschaft“ zu verorten. Sie bietet eine visuelle Darstellung der Werte in verschiedenen Lebensbereichen und hilft, Diskrepanzen und Veränderungsbedarfe zu erkennen.
1.7 BIG FIVE-Werteanalyse
Das BIG FIVE-Modell analysiert Persönlichkeitseigenschaften und wird oft in der Werteanalyse eingesetzt. Die fünf Persönlichkeitsmerkmale sind:
Offenheit
Gewissenhaftigkeit
Extraversion
Verträglichkeit
Neurotizismus
Diese Eigenschaften beeinflussen, wie Menschen ihre Werte priorisieren und welche Lebensbereiche für sie besonders wichtig sind.
1.8 Motivationsanalyse nach Reiss (Reiss Profile)
Das Reiss Profile von Steven Reiss beschreibt 16 grundlegende Lebensmotive, die die individuellen Werte einer Person prägen. Dazu gehören Macht, Neugier, Unabhängigkeit, Ordnung, soziale Anerkennung und mehr. Diese Lebensmotive erklären, welche Werte einer Person besonders wichtig sind und warum sie bestimmte Handlungen bevorzugt.
1.9 Human Values Scale (nach Inglehart)
Die Human Values Scale basiert auf der Forschung von Ronald Inglehart und unterscheidet zwischen materialistischen (z. B. Sicherheitsbedürfnis, wirtschaftliche Stabilität) und postmaterialistischen Werten (z. B. Selbstverwirklichung, Partizipation). Das Modell untersucht, wie sich Werte in einer Gesellschaft durch wirtschaftlichen Fortschritt verändern.
1.10 Persönliche Wertelisten (z. B. als Coaching-Übung)
Eine einfache Methode zur Werteanalyse sind Wertelisten, bei denen Personen aus einer vorgegebenen Liste die für sie wichtigsten Werte auswählen. Diese Übung wird häufig in Coaching- und Beratungssituationen verwendet, um eine Grundlage für persönliche Entwicklungsgespräche zu schaffen.
2. Methoden der Value-Akademie zur Werteanalyse
Die Value-Akademie erweitert die klassischen Ansätze zur Werteanalyse durch praxisorientierte Tools, die sowohl für individuelle als auch für gruppenbezogene Wertearbeit geeignet sind. Die folgenden Methoden der Value-Akademie ermöglichen eine kreative, analytische und systemische Auseinandersetzung mit Werten:
2.1 Wertedialoge
Geführte Gespräche, die zum Ziel haben, individuelle oder kollektive Werte zu klären und in den Lebensbereichen zu verankern. Besonders geeignet für Teams und Führungskräfte, um gemeinsame Werte zu identifizieren.
2.2 Value Cards (Wertekarten)
Wertekarten helfen, persönliche Werte durch das visuelle Auswählen und Sortieren zu reflektieren. Sie bieten eine spielerische Möglichkeit, die eigenen Werte sichtbar zu machen und darüber ins Gespräch zu kommen.
2.3 Werteprofil-Analyse
Ein diagnostisches Verfahren zur Erhebung individueller Werte. Die Teilnehmer füllen einen Fragebogen aus, der ein persönliches Werteprofil generiert. Dies dient als Basis für persönliche oder berufliche Entwicklungsprozesse.
2.4 Wertelandkarten
Ähnlich wie geografische Karten ermöglichen Wertelandkarten das Einzeichnen persönlicher Werte in verschiedene Lebensbereiche. Sie unterstützen dabei, Diskrepanzen zu erkennen und Veränderungen zu planen.
2.5 Werteaufstellungen (systemische Werteaufstellungen)
Bei der systemischen Werteaufstellung werden Werte symbolisch im Raum positioniert, um Beziehungen und Konflikte zwischen den Werten intuitiv wahrzunehmen. Dies ermöglicht eine dynamische Reflexion der eigenen Werte.
2.6 Werte-Retrospektive
Diese Methode wird zur Reflexion vergangener Projekte oder Arbeitsphasen im Hinblick auf die gelebten Werte genutzt. Sie unterstützt Teams dabei, aus Erfahrungen zu lernen und Werte im Alltag stärker umzusetzen.
2.7 Werteverträge (Value Contracts)
Ein Wertevertrag beschreibt konkrete Verhaltensweisen, die mit den definierten Werten übereinstimmen. Diese Methode unterstützt die praktische Umsetzung von Werten im Alltag.
2.8 Wertevisualisierung durch Kunst
Kreative Visualisierungen ermöglichen eine intuitive Auseinandersetzung mit Werten. Kunstwerke helfen, emotionale Aspekte von Werten zu beleuchten und eine tiefere Verbindung zu ihnen herzustellen.
2.9 Werte in der Führung (Leadership Value Training)
Speziell für Führungskräfte konzipiert, fördern diese Trainings eine wertebasierte Führungskultur. Führungskräfte lernen, wie sie eine Atmosphäre schaffen, die auf gemeinsamen Wertvorstellungen basiert, und motivieren ihre Mitarbeiter nachhaltig.
3. Fazit: Integration der Value-Akademie-Methoden in die Werteanalyse
Die Methoden und Modelle zur Werteanalyse bieten eine wertvolle Grundlage, um menschliche Werte systematisch zu reflektieren und weiterzuentwickeln. Die Value-Akademie ergänzt die klassischen Ansätze durch kreative und analytische Werkzeuge, die das Verständnis für persönliche und kollektive Werte vertiefen und deren Umsetzung im Alltag unterstützen. Ob durch systemische Aufstellungen, Kunstvisualisierungen oder diagnostische Verfahren wie Werteprofile – all diese Methoden tragen dazu bei, Werte gezielt zu erkennen und ihre Bedeutung im täglichen Leben zu stärken.