Wie unterscheidet die WHO zwischen psychisch kranken und gesunden Menschen?
Die World Health Organization (WHO) definiert psychische Gesundheit als einen Zustand des Wohlbefindens, bei dem eine Person in der Lage ist, ihre Fähigkeiten zu entfalten, produktiv zu arbeiten und positive Beziehungen zu anderen Menschen aufrechtzuerhalten.
Psychische Erkrankungen hingegen sind gekennzeichnet durch Störungen des Denkens, Fühlens, Verhaltens oder Erlebens, die mit Leiden oder Beeinträchtigungen im Alltag verbunden sind. Es gibt eine Vielzahl von psychischen Erkrankungen, wie zum Beispiel Depressionen, Angststörungen, Schizophrenie oder Bipolare Störungen, die unterschiedliche Symptome und Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen haben können.
Die WHO verwendet verschiedene Instrumente und Diagnosekriterien, um psychische Krankheiten zu identifizieren und zu klassifizieren. Eine der wichtigsten Klassifikationssysteme ist die International Classification of Diseases (ICD), die von der WHO entwickelt wurde. Die ICD listet verschiedene psychische Störungen auf und beschreibt ihre Symptome und Diagnosekriterien.
Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass psychische Gesundheit und psychische Krankheit nicht als binäre Kategorien betrachtet werden sollten, sondern als ein Kontinuum. Jeder Mensch kann im Laufe seines Lebens psychische Herausforderungen und Schwierigkeiten erleben, die seine psychische Gesundheit beeinträchtigen können. Es ist wichtig, frühzeitig Unterstützung und Hilfe in Anspruch zu nehmen, um psychische Probleme zu bewältigen und die eigene Gesundheit zu fördern.
Lebens- und Sozialberater sind in Österreich als eigenständige Berufsgruppe anerkannt und dürfen bestimmte Tätigkeiten im Bereich der psychosozialen Beratung ausüben. Sie arbeiten mit Menschen, die Unterstützung bei der Bewältigung von Lebenskrisen und psychischen Problemen benötigen, aber keine Diagnose einer psychischen Erkrankung haben.
Lebens- und Sozialberater dürfen in Österreich unter anderem folgende Tätigkeiten ausüben:
Beratung und Begleitung von Menschen bei persönlichen, sozialen und beruflichen Problemen
Unterstützung bei der Entwicklung von Selbstbewusstsein und persönlicher Stärke
Vermittlung von Konfliktlösungsstrategien und Kommunikationsfähigkeiten
Unterstützung bei der Bewältigung von Trauer, Trennung, Verlust und anderen Krisensituationen
Coaching und Beratung von Unternehmen und Organisationen
Durchführung von Seminaren und Workshops zu verschiedenen Themen im Bereich Persönlichkeitsentwicklung und Lebensberatung
Es ist wichtig zu beachten, dass Lebens- und Sozialberater in Österreich keine psychotherapeutischen Tätigkeiten ausüben dürfen, die Diagnose und Behandlung von psychischen Erkrankungen erfordern.
Z-Diagnosen für Lebens- und Sozialberatung:
In der Beratung, Coaching und Lebensberatung in Österreich sind vor allem jene
Z-Diagnosen relevant, die mit Lebensumständen, psychosozialen Belastungen und persönlichen Herausforderungen zu tun haben, die keinen medizinischen Krankheitswert im Sinne einer behandlungsbedürftigen Störung haben. Diese Z-Diagnosen bieten die Möglichkeit, psychosoziale Schwierigkeiten zu erfassen und systematisch anzugehen, ohne dass eine psychotherapeutische oder medizinische Intervention notwendig wird. Sie sind daher besonders wichtig für die Arbeit von Lebens- und Sozialberatern, die präventiv, unterstützend und ressourcenorientiert arbeiten.
Hier sind die wesentlichsten Z-Diagnosen, die für Beratung, Coaching und Lebensberatung in Österreich am bedeutendsten sind:
Z55-Z65: Sozioökonomische und psychosoziale Umstände
Diese Kategorie umfasst viele der Z-Diagnosen, die häufig in Beratung und Coaching thematisiert werden, da sie alltägliche Herausforderungen beschreiben, die das psychische Wohlbefinden und die Lebensqualität beeinflussen können.
Z55: Probleme im Zusammenhang mit Ausbildung und Alphabetisierung
Z55.0 - Analphabetismus oder Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben.
Relevanz: Hilfestellung bei schulischen oder beruflichen Schwierigkeiten, Verbesserung der Bildungschancen, Unterstützung bei beruflicher Weiterbildung.
Z56: Probleme im Zusammenhang mit Arbeit und Arbeitslosigkeit
Z56.0 - Konflikte am Arbeitsplatz.
Z56.3 - Gefahr des Arbeitsplatzverlusts.
Relevanz: Unterstützung bei beruflichen Veränderungen, Umgang mit Arbeitsstress, Karriereberatung, Coaching zur Bewältigung von Arbeitsplatzkonflikten oder -verlust.
Z57: Probleme im Zusammenhang mit beruflicher Exposition gegenüber Risikofaktoren
Relevanz: Beratung bei Stress am Arbeitsplatz, Umgang mit gesundheitsschädlichen Einflüssen im beruflichen Umfeld.
Z59: Probleme im Zusammenhang mit dem Wohnort
Z59.0 - Obdachlosigkeit.
Z59.1 - Unangemessene Wohnverhältnisse.
Relevanz: Unterstützung bei der Wohnraumbeschaffung, Beratung bei schlechten Wohnverhältnissen oder Wohnumfeldproblemen.
Z60: Probleme im Zusammenhang mit sozialen Umständen
Z60.0 - Anpassung an neue Lebensumstände, z. B. nach einer Migration.
Z60.4 - Soziale Isolation und Einsamkeit.
Relevanz: Anpassungsprobleme nach Umzügen oder Migration, soziale Integration, Überwindung von Einsamkeit, Unterstützung bei der sozialen Eingliederung.
Z61: Probleme im Zusammenhang mit negativen Kindheitserfahrungen
Z61.4 - Andauernde familiäre Streitigkeiten.
Relevanz: Bearbeitung von familiären Konflikten und Auswirkungen auf die Gegenwart.
Z62: Andere Probleme im Zusammenhang mit der Betreuung durch die Familie
Z62.0 - Erziehungsprobleme.
Z62.8 - Andere familiäre Probleme, z. B. schwierige Eltern-Kind-Beziehungen.
Relevanz: Unterstützung in der Erziehung, familiäre Konflikte, Beratung bei Eltern-Kind-Problemen.
Z63: Probleme im Zusammenhang mit dem sozialen Umfeld
Z63.0 - Probleme in der Beziehung zum Partner.
Z63.5 - Stress in der Familie durch Krankheit oder andere Belastungen.
Relevanz: Partnerschaftsberatung, Umgang mit Belastungen innerhalb der Familie, Unterstützung bei Scheidung oder Trennung.
Z64: Probleme im Zusammenhang mit bestimmten psychosozialen Umständen
Z64.0 - Probleme im Zusammenhang mit der Partnerwahl.
Z64.1 - Schwierigkeiten, keine Kinder zu haben.
Relevanz: Entscheidungsberatung (Kinderwunsch, Partnerschaft), Unterstützung bei familiären Entscheidungen.
Z65: Probleme im Zusammenhang mit rechtlichen Umständen
Z65.2 - Exposition gegenüber Missbrauch oder Gewalt.
Relevanz: Unterstützung bei der Bewältigung traumatischer Erlebnisse im Rahmen psychosozialer Beratung, Ressourcenaufbau und Stärkung der Selbstwirksamkeit.
Z73: Probleme im Zusammenhang mit der Lebensbewältigung
Z73.0 - Erschöpfungssyndrom (Burnout).
Z73.1 - Unfähigkeit, sich zu entspannen.
Z73.2 - Arbeits- und Lebensüberlastung.
Relevanz: Lebensberatung zur Bewältigung von Stress, Burnout-Prävention, Unterstützung bei der Work-Life-Balance, Verbesserung der persönlichen Resilienz und Stressbewältigung.
Z72: Probleme im Zusammenhang mit dem Lebensstil
Z72.0 - Konsum von Tabak.
Z72.1 - Alkoholkonsum.
Relevanz: Unterstützung bei gesundheitsfördernden Veränderungen, Coaching zur Verbesserung von Lebensgewohnheiten und zur Förderung eines gesunden Lebensstils.
Z76: Personen, die Gesundheitsdienste aus anderen Gründen in Anspruch nehmen
Z76.5 - Gesundheitsberatung von Angehörigen.
Relevanz: Beratung von pflegenden Angehörigen, Unterstützung in der Rolle als Familienbetreuer.
Z63.8 - Andere spezifische Probleme im Zusammenhang mit dem sozialen Umfeld
Relevanz: Diese Kategorie ist hilfreich für die Arbeit mit allgemeinen sozialen Schwierigkeiten, die sich nicht spezifisch einer anderen Z-Diagnose zuordnen lassen, z. B. familiäre Spannungen oder soziale Isolation.
Zusammenfassung der Anwendung in Österreich
Für Lebens- und Sozialberater sowie Coachings in Österreich sind die oben genannten Z-Diagnosen besonders relevant, weil sie die Lebensrealität und psychosozialen Herausforderungen vieler Menschen widerspiegeln. Es sind keine klinischen Diagnosen, sondern Faktoren, die auf schwierige Lebensumstände, Belastungen und Anpassungsprobleme hinweisen. In der Beratung wird darauf geachtet, Menschen präventiv zu unterstützen, indem sie dabei begleitet werden, ihre Probleme zu reflektieren, ihre Resilienz zu stärken und Lösungen für ihre Lebenskrisen zu finden. Diese Diagnosen dienen oft als Grundlage, um den Beratungsbedarf zu identifizieren und das Coaching individuell zu gestalten.
Wichtig: Sobald jedoch der Verdacht besteht, dass eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung vorliegt, müssen die Klienten an entsprechend qualifizierte Fachkräfte wie Psychotherapeuten oder Ärzte weitervermittelt werden, da Lebens- und Sozialberater keine klinische Behandlung anbieten dürfen.